Europapolitiker Giegold eröffnet Wahlkampf in Diepholz „Wer nicht will, dass Deutschland und Europa zum Industriemuseum werden, muss diesen Herbst grün wählen.“ Dies ist die zentrale Botschaft, die der Europaabgeordnete Sven Giegold (Bündnis 90/Die Grünen) auf derAuftaktveranstaltung zum Kommunal- und Bundestagswahlkampf der Grünen in der Kreisstadt Diepholz verkündete. Der Vorsitzende der Diepholzer Grünen Joel Hoff begrü.te neben Giegold die grüne Bundestagskandidatin Sylvia Holste-Hagen und den Diepholzer Stadtratskandidaten Johannes Luber als weitere Redner am Samstag Mittag bei Nieselregen vor dem Rathaus in Diepholz. Zunächst erklärte Johannes Luber seine Motivation als achtzehnjähriger am 12.September auf der Liste der Grünen für den Stadtrat in Diepholz zu kandidieren.
„Klimaschutz wird von vielen im Rat als nette Maßnahme gesehen, die manmachen kann, wenn es sonst nicht stört. Dabei müsste eigentlich klar sein, dassKlima und Umwelt die Basis für alles Leben und das menschliche Wirtschaften sind.“ Diese Mentalität ist bei vielen noch nicht vorhanden.„Aber wenn wir jetzt nicht handeln, wird es zu spät sein und die Kipppunkte desKlimasystems werden überschritten. Deshalb bin ich glücklich, dass wir mit den Grünen in Diepholz ein Programm aufgestellt haben, dass echten, umfassenden Klimaschutz möglich macht. Am Ende zählt jedes Kilo eingespartes Treibhausgas.
Auch die aus Diepholz.“Der mit Zug und Fahrrad angereiste Hauptredner, der Sprecher der deutschenGrünen im Europaparlament, Sven Giegold erläuterte anschließend das Konzeptvon Bündnis 90/ Die Grünen zum Klimaschutz in Deutschland. Wenn Verschmutzung kostenlos ist, wird das knappe Gut Atmosphäre übernutzt. Deshalb muss CO2 einen Preis bekommen. Schmutzige Energie wird teurer werden müssen. „Wir Grünen sagen als einzige Partei: Wir geben die zukünftigen CO2- Preiserhöhungen zu hundert Prozent an die Bürger pro Kopf zurück. So werden die kleinen Leute mehr Geld in der Tasche haben als vorher. Wer viel Geld hat und mehr konsumiert, wird mehr zahlen. Ökologischer Wandel geht nur mit sozialer Gerechtigkeit.“, so der Redner unter dem Applaus der knapp fünfzig Kundgebungsteilnehmenden. Sven Giegold, der Obmann der grünen Fraktion im Ausschuss des Europaparlaments für Wirtschafts- und Finanzpolitik ist, sieht die klimagerechte Wirtschaftsspolitik als wahlentscheidendes Thema: „Nur wenn das Ordnungsrecht und die Preise konsequent auf Klimaschutz zeigen, werden die zukunftsfähigen Arbeitsplätze und Innovationen in Europa entstehen. Viele, insbesondere die großen Wirtschaftsunternehmen wollen konsequente Regeln für Klimaschutz, um in die Zukunft investieren zu können. Bei dieser Wahl konkurrieren wir mit der CDU darum, wer in der Wirtschaftspolitik die Zukunftssignale setzt.“ Giegold nennt die CDU „zukunftsvergessen und innovationsfeindlich“.
Die Bundestagskandidatin von Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis Diepholz Sylvia Holste-Hagen forderte in ihrer Rede wirksame Strategien für die neue große Aufgabe der Klimaanpassung: „Wir müssen unsere gesamte Infrastruktur überprüfen, Flächen entsiegeln und brauchen mehr Grün in der Stadt.“ Anschließend radelten 25 Bürgerinnen und Bürger mit Sven Giegold zum neuen Besuchersteg ins Aschener Moor. Vor Ort konnten nicht nur Sonnentau und erste Erfolge der Wiedervernässung bewundert werden, sondern die konkreten Nutzungskonflikte im ländlichen Raum wurden zum Thema. Giegold, der auch stellvertretendes Mitglied im Ausschuss des Europaparlaments für Umweltfragen ist, sieht Niedersachsen wegen der vielen Moorböden in einer besonderen Verantwortung. Er fordert, auf den moorigen Böden eine andere Landwirtschaft, die Kohlendioxid in den Böden speichert, anstatt es frei zusetzen. „Die europäische Agrarförderung muss in Deutschland so umgesetzt werden, dass die vielen Landwirte unterstützt werden, die bereits nachhaltig wirtschaften oder es endlich tun wollen. Die Zahlung öffentlicher Gelder aus Europa muss in Zukunft Klimaschutz, Tierwohl und Beschäftigung im ländlichen Raum verbinden, statt einfach an die größten Betriebe ausbezahlt zu werden.“
Die achtzehn Kilometer lange Radtour, die zwar von starkem Wind aber keinem Regen begleitet war, klang unter Corona-Bedingungen auf der Terrasse der Körstube am alten Diepholzer Rathaus bei Kaffe, Kuchen, Getränken und weiteren Diskussionen aus.
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